Sehr geehrte Damen! Liebe Frauen aus der Region Karlsruhe!
Es ist mir eine große Freude, Sie hier in der Karlsburg in Durlach willkommen zu
heißen und das Grußwort der Kirchenleitung der Evangelischen Landeskirche in
Baden an Sie zu richten. Einen Saal voller Frauen mit Verantwortung in Beruf und
Gesellschaft – das erlebt frau nicht alle Tage!
Heute sind Sie, sind wir, hier zusammengekommen, um gemeinsam zu essen und uns
dabei Gedanken über die Zukunft von Religion, Kirche und Gesellschaft zu machen.
In Aufnahme der alten protestantischen Kultur des Erkenntnisgewinns über das Wort
haben sich einige auf Tischreden vorbereitet und andere sich auf das Zuhören und
weiterdenken eingestellt. Ich bin gespannt, was dieses Setting am Ende mit uns
gemacht haben wird!
Frauenmahle veranstalten – das ist eine Idee des Frauenstudien- und -bildungszentrums der EKD.
Angeregt von den bekannten Tischreden im Hause Katharina von Boras und ihres
Ehemannes Martin Luther sind die Frauenmahle eine Etappe. Eine Etappe auf dem
Weg, Grundgedanken der Reformation bis zum 500jährigen Jubiläum des Beginns
dieser grundlegenden Veränderung der mittelalterlichen Welt auf ihre Aktualität hin
zu prüfen und für unser heutiges Gemeinwesen wirksam werden zu lassen.
Grundgedanken der Reformation – das ist nicht, wie vielleicht manche spontane
Assoziation eingibt, antikirchlicher oder gar antikatholischer Aufruhr. Das ist
vielmehr die Entdeckung und Verteidigung der Freiheit des Gewissens jedes
einzelnen Menschen. Mündige Gläubige sollten ihre Bibel selbst lesen und
interpretieren können. Daher die Notwendigkeit, die Bibel überhaupt erst einmal in
die deutsche Sprache zu übersetzen und damit den Diskurs darüber zu ermöglichen.
Es hat einige Jahrhunderte und etliche Religionskriege gedauert, bis sich hieraus eine
Art säkularer Reformation der Kirchen selbst entwickelt hat:
die Anerkennung der Pluralität als Wesensmerkmal der modernen Welt.
Eigentlich war uns das ja schon in unsere Wiege gelegt: Mit den vier Evangelisten
Matthäus, Markus, Lukas und Johannes hätten wir es schon früher lernen können, daß
dieselbe Botschaft, das Evangelium, aus unterschiedlichen Blickwinkeln
unterschiedliche Gestalt annimmt.
Heute erhebt die evangelische Kirche keinen exklusiven Wahrheits- und
Weltdeutungsanspruch mehr – aber sie will auch nicht verschweigen, daß der 2000
Jahre alte Erfahrungsschatz der Christinnen und Christen Antworten zu den uralten
Fragen der Menschheit bereit hält, die auch heute noch tragen.
In diesem Sinne ist ein Frauenmahl eine wunderbare Gelegenheit zum freien
Austausch über Fragen, die unser aller Zukunft betreffen aus möglichst vielen
Perspektiven. Welche Themen anstehen, in Religion, Kirche und Gesellschaft,
darüber mag es im Einzelnen unterschiedliche Sichtweisen geben. Und sicher
unterscheiden wir uns in den Handlungsoptionen, die wir jeweils entwickeln. Aber
um die großen Aufgaben der Gestaltung einer demographischen Veränderung in
Deutschland, einer politischen Veränderung in Europa und einer weltweiten
Klimaveränderung kommt wohl keine herum, die über Zukunft nachdenkt.
Ich danke den Initiatorinnen und allen Gestalterinnen dieses Abends, daß sie diese
schöne Gelegenheit zum Austausch bieten. Die badische Kirchenleitung kann sich
glücklich schätzen über Ihre kreative Zukunftsgewandtheit!
Ich wünsche uns einen rundum schönen Abend mit vielen ertragreiche Begegnungen.
Mögen die Wellen einiger Steinchen, die heute Abend ins Wasser geworfen werden,
uns an anderen Stellen wieder begegnen!
Barbara Bauer, Oberkirchenrätin der Evangelischen Kirche in Baden
Grußwort der Kirchenleitung zum Durlacher Frauenmahl am 24.06.2012
Dieser Internetauftritt gehört zum Evangelischen Zentrum Frauen und Männer gGmbH, Fachbereich Evangelische Frauen in Deutschland.
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